Klassisches Antibiotikum auch gegen die Tuberkulose wirksam

18.07.2016 - Deutschland

Ein internationales Team von Wissenschaftlern erzielt mit einem für andere Zwecke zugelassenen ß-Lactam-Antibiotikum unerwartete Erfolge in der Tuberkulosebehandlung. Beteiligt an der Studie sind DZIF-Wissenschaftler am Forschungszentrum Borstel.

FZ Borstel/Lange

Tagesration an Medikamenten zur Behandlung der multiresistenten Tuberkulose

Die Anzahl von Patienten, die weltweit mit einer multiresistenten und damit schwer behandelbaren Tuberkulose (MDR-TB) identifiziert wurden, ist von 47.000 im Jahr 2009 auf 123.000 im Jahr 2015 dramatisch gestiegen. Neue Medikamente werden dringend benötigt. Ihre Entwicklung ist jedoch mit sehr hohen Kosten und wirtschaftlichen Risiken für die Pharmafirmen verbunden und dauert mindestens zehn Jahre. Hinzu kommt das Problem der Resistenzbildung: Nicht einmal zwei Jahre nach Einführung der letzten beiden neuen Medikamente (Bedaquilin und Delamanid) gegen multiresistente Tuberkulose wurde der erste Bakterienstamm mit Resistenzen gegen diese Antibiotika identifiziert.

Eine Alternative zur Entwicklung neuer Medikamente sehen die Wissenschaftler darin, bereits für andere Indikationen zugelassene Medikamente für die Tuberkulosetherapie zu testen. Lange Zeit glaubte man, dass ß-Lactam-Antibiotika, Verwandte des Penicillins, keine Wirksamkeit in der Tuberkulosetherapie haben. Ein Team aus Südafrika, Spanien, Mozambique und Deutschland hat diese Ansicht nun widerlegt.

Die Ärzte behandelten Patienten mit einer Lungentuberkulose vor Beginn der eigentlichen Standardtherapie zwei Wochen lang mit dem ß-Lactam-Antibiotikum Meropenem. ß-Lactam-Antibiotika sind vom Penicillin abgeleitet und greifen in den Zellwandaufbau der Bakterien ein. Um Abwehrmechanismen der Bakterien auszuschalten, gaben die Mediziner zusätzlich Clavulansäure; sie hemmt die ß-Lactamase, ein Enzym der Bakterien, welches ß-Lactam-Antibiotika unwirksam macht. Unter der Kombinationsbehandlung nahm die Bakterienlast im Sputum der Patienten rasch ab. „Die Behandlung war ebenso effizient wie die mit den gängigen Medikamenten Rifampicin oder Pyrazinamid“, erklärt Professor Christoph Lange, Ärztlicher Leiter der Klinischen Infektiologie Forschungszentrum Borstel und Wissenschaftler im DZIF. „Die Studie war allerdings nicht darauf ausgelegt, den langfristigen Effekt von Meropenem/Clavulansäure auf die Heilungschancen der multiresistenten Tuberkulose zu untersuchen“, dämpft Lange zu hohe Erwartungen.

Mit der aktuellen Entdeckung eröffnet sich ein neues Feld in der klinischen Tuberkuloseforschung: Bereits zugelassene Medikamenten könnten auf ihre Wirksamkeit gegen die Tuberkulose getestet werden.

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