Evolution der Zellkraftwerke

Das Protein OXA spielt eine wichtige Rolle beim Einbau von Eiweißmolekülen in Mitochondrien

19.05.2016 - Deutschland

In menschlichen Zellen übernehmen Mitochondrien die Rolle von Kraftwerken. Die freiwerdende Energie treibt den Stoffwechsel der Zellen an. Doch woher stammen diese Kraftwerke und wie werden sie aufgebaut? Freiburger Forscherinnen und Forscher haben untersucht, welche Rolle die so genannte Oxidase Assemblierungsmaschine (OXA) für die Bildung der mitochondrialen Innenmembran und die Energieversorgung von Zellen spielt. Das Team um Dr. Jan Höpker, Dr. Silke Oeljeklaus, Prof. Dr. Nikolaus Pfanner, Dr. Sebastian Stiller, Prof. Dr. Bettina Warscheid und Prof. Dr. Nils Wiedemann hat nachgewiesen, dass dieser Proteinkomplex essentiell für den Einbau bestimmter Proteine, die wichtige Funktionen für die Zellatmung oder andere Vorgänge erfüllen, in die Innenmembran von Mitochondrien ist.

Mitochondrien stammen von einem Bakterium ab und besitzen daher ein eigenes Erbsubstanzmolekül, auf dem der Aufbau einiger Proteine gespeichert ist. Eine OXA verwandte Maschine war schon im bakteriellen Vorläufer der Mitochondrien zu finden und ist in der Evolution erhalten geblieben. OXA baut die Proteine, die gemäß der Erbsubstanz des Mitochondriums gefertigt werden, in dessen innere Membran ein. Die Erbinformation von 99 Prozent der Proteine, aus denen sich die Mitochondrien zusammensetzen, ist dagegen im Zellkern gespeichert: Die Zelle bildet diese Eiweißmoleküle im Zellwasser, dem Cytosol. Danach importieren die Kanäle TOM, „Translocase of the Outer Membrane“, und TIM, „Translocase of the Inner Membrane“, in der äußeren und der inneren Membran sie in die Mitochondrien. Wie viele dieser importierten Proteine ebenfalls von OXA in die Innenmembran eingebaut werden, war bislang unklar.

Die Freiburger Forscher haben systematisch nach Proteinen gesucht, die OXA nach dem Import über TOM und TIM in die Innenmembran einbaut. Mithilfe von quantitativen massenspektrometrischen Untersuchungen haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitochondriale Innenmembranproteine identifiziert, die in Zellen ohne OXA in geringerer Menge vorhanden waren. Indem die Forscher den Einbau radioaktiv markierter Proteine in die Innenmembran der Mitochondrien verfolgten, wiesen sie nach, dass OXA dabei nötig ist.

Die importierten OXA-abhängigen Proteine haben wichtige Funktionen, zum Beispiel bei der Zellatmung, dem Austausch von Metallionen, biochemischen Reaktionen und beim Einbau der Proteine, die den Austausch der Stoffwechselprodukte über die Innenmembran ermöglichen. Sind Einbau oder Funktion dieser Zellatmungsproteine nicht gewährleistet, entstehen mitochondrial bedingte neuromuskuläre Krankheiten oder Krebserkrankungen. Somit ist der in der Evolution erhalten gebliebene OXA-abhängige Einbau der Innenmembranproteine grundlegend wichtig für die Bildung der mitochondrialen Innenmembran und die Energieversorgung menschlicher Zellen.

Nikolaus Pfanner und Nils Wiedemann leiten Arbeitsgruppen am Institut für Biochemie und Molekularbiologie der Universität Freiburg. Sebastian Stiller forscht in Wiedemanns Arbeitsgruppe. Jan Höpker war Mitglied in Pfanners Arbeitsgruppe. Bettina Warscheid ist Professorin am Institut für Biologie II. Silke Oeljeklaus ist Wissenschaftlerin in Warscheids Arbeitsgruppe. Pfanner, Warscheid und Wiedemann sind Mitglieder des Freiburger Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies und der Spemann Graduate School of Biology and Medicine der Albert-Ludwigs-Universität.

Nils Wiedemann, Universität Freiburg

Fluoreszenzmikroskopie des mitochondrialen Netzwerkes (links, grün) und das entsprechende lichtmikroskopische Bild (rechts) einer sich teilenden Hefezelle.

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