Auch Glück kann das Herz brechen

Happy-Heart Syndrom

07.03.2016 - Schweiz

Das Syndrom des „gebrochenen Herzens“, auch Takotsubo-Syndrom (TTS) genannt, ist eine akute, meist durch emotionalen oder physischen Stress ausgelöste Erkrankung. Auch psychiatrische oder neurologische Leiden spielen eine bedeutende Rolle. Neue Auswertungen im Rahmen einer weltweiten Studie, deren erste Ergebnisse im Jahr 2015 veröffentlicht wurden, haben nun erstmals gezeigt, dass die Erkrankung auch nach einem freudigen Erlebnis auftreten kann.

Prawny, pixabay.com, CC0

Universitäres Herzzentrum Zürich

Die erkrankte Herzkammer (links) gleicht dem japanischen Tonkrug für den Tintenfischfang

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Universitäres Herzzentrum Zürich

Erste Ergebnisse der Studie, die im Rahmen des im Jahr 2011 von den Kardiologen PD Dr. Dr. Christian Templin und Dr. Jelena-Rima Ghadri am UniversitätsSpital Zürich eingerichteten Internationalen Takotsubo Registers (InterTAKregistry) durchgeführt wurde, veröffentlichte das New England Journal of Medicine im September 2015. Dabei zeigten Templin und Ghadri erstmals, dass neben negativen emotionalen oder physischen Stressereignissen, wie der Verlust einer geliebten Person oder Mobbing am Arbeitsplatz, auch akute neurologische Erkrankungen wie Hirnschlag, Epilepsie oder Hirnblutungen zu TTS führen können.

Weitere Auswertungen der Studie, bei der sich unter Zürcher Leitung 26 kardiologische Zentren aus neun Ländern beteiligten und die 1.750 Patienten einbezog, liessen nun bei 485 Studienteilnehmern definitiv auf emotionale Auslöser der Takotsubo-Kardiomyopathie schliessen, wie eine neue Publikation im European Heart Journal aufzeigt. Von diesen hatten 20 Personen, bzw. 4 Prozent, eine akute TTS-Erkrankung, der ein freudiges Ereignis vorausging, wie eine Geburtstagsparty, eine Hochzeit, der Sieg des Lieblings-Rugby-Teams oder die Geburt eines Enkelkindes. Hingegen wiesen 96 Prozent der Patienten ein negatives emotionales Ereignis auf. Im Gegensatz zu diesen Patienten mit dem „Broken-Heart Syndrom" nannten die Studienleiter die Erkrankung derjenigen Studienteilnehmer, die ein freudiges Ereignis erlebten „Happy-Heart Syndrom".

Neue Erkenntnisse für die klinische Anwendung

Die bisherigen Erkenntnisse, dass vor allem Frauen nach der Menopause an TTS erkranken, bestätigten sich auch in dieser Auswertung. Sowohl in der „Happy-Heart"- wie in der „Broken-Heart"-Gruppe machten Frauen 95 Prozent der Erkrankten aus, wobei das Durchschnittsalter bei 65 Jahren in der „Happy-Heart"- und bei 71 Jahren in der „Broken-Heart"-Gruppe lag. Die Ergebnisse sind deutlich, wie Dr. Ghadri sagt: „Einer Takotsubo-Kardiomyopathie muss nicht zwingend ein negatives Stressereignis vorausgehen. Auch positive Emotionen können ein TTS auslösen. Das wird Auswirkungen auf die Anamnese der Patienten haben. Ärzte in den Notfallstationen  und -praxen sollten wissen, dass Patienten mit Anzeichen eines Herzinfarktes, wie Brustschmerz und Atemnot, die zuvor ein fröhliches Erlebnis hatten, an einem Takotsubo-Syndrom leiden könnten. Genauso wie Patienten, die nach einer Stresssituation mit diesen Symptomen vorstellig werden.“

Weitere Forschung nötig

PD Dr. Dr. Templin ergänzt: „Wir denken, dass beim TTS ein enger pathophysiologischer Zusammenhang in Form einer aktivierten „Hirn-Herz-Achse" existiert. Diese Wechselwirkung zwischen Hirn und Herz untersuchen wir derzeit in einer weiteren klinischen Studie näher mittels funktionellem MRI". Die Mechanismen der Takotsubo-Kardiomyopathie bergen also noch Geheimnisse, die durch die Kardiologen in künftigen Forschungsarbeiten der Studie gelüftet werden sollen.

Die Takotsubo-Kardiomyopathie, auch als „Syndrom des gebrochenen Herzens" bekannt, wurde erstmalig 1990 von japanischen Wissenschaftlern beschrieben. Sie nannten die Erkrankung „Takotsubo" (übersetzt Tintenfischfalle), da die linke Herzkammer in der Erkrankungsphase diesen speziellen, zum Tintenfischfang benutzten Tonkrügen ähnelt (enger Hals und bauchiger Körper). Bei der Takotsubo-Kardiomyopathie handelt es sich um eine akute Pumpfunktionsstörung des Herzens, welche mehrheitlich Frauen betrifft. Die Erkrankung ähnelt in der akuten Phase einem Herzinfarkt, so dass eine Unterscheidung nur mittels Herzkatheteruntersuchung gelingt, wobei sich – im Gegensatz zum Herzinfarkt – offene Herzkranzgefässe nachweisen lassen. Als Ursache wird unter anderem eine vorübergehende Verkrampfung der kleinsten Gefässe im Herzmuskel vermutet, die zu einer Minderdurchblutung bis hin zum lebensbedrohlichen Pumpversagen führt.

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