Sanofi und Boehringer stehen vor milliardenschwerem Tauschgeschäft

16.12.2015 - Deutschland

(dpa-AFX) Die beiden Pharmakonzerne Sanofi und Boehringer Ingelheim verhandeln über den milliardenschweren Tausch von zwei Sparten. Die Franzosen wollen ihr Tiermedizingeschäft loswerden und dafür die rezeptfreien Mittel von Boehringer bei sich eingliedern, wie beide Unternehmen am Dienstag mitteilten. Die Deutschen müssten dann noch 4,7 Milliarden Euro drauflegen. Für beide Konzerne wären es Schritte zu einer stärkeren Spezialisierung. Nach eigenen Angaben hätten sie so die Möglichkeit, Weltmarktführer mit den jeweiligen Sparten zu werden. Boehringer gehört zu den größten Pharmakonzernen Deutschlands und beschäftigt weltweit gut 47.000 Mitarbeiter.

Abschließende Verträge sollen in den kommenden Monaten nach Gesprächen mit den Sozialpartnern unterzeichnet werden. Konkrete Auswirkungen für die Arbeitsplätze bei Bohringer nannte Unternehmenschef Andreas Barner zunächst nicht: "Das muss alles genau besprochen werden." Das Geschäft biete aber auch für die Mitarbeiter "gute Chancen" und sei letztlich für alle eine gute Entwicklung.

Beide Unternehmen wollen den Tausch im vierten Quartal 2016 abschließen. Die Kartellbehörden müssen aber noch zustimmen. 2017 werde die Transaktion voraussichtlich noch keinen Einfluss auf den Gewinn je Aktie haben, teilte Sanofi mit. Danach werde der Deal diese Kennzahl aber steigern. Anleger reagierten erfreut über die Pläne: Sanofi-Aktien legten gegen Mittag um mehr als fünf Prozent zu.

Sanofi hatte bereits Anfang November eine Trennung von der Tiermedizinsparte ins Spiel gebracht. Stärker werden wolle der Konzern unter anderem bei Medikamenten gegen Multiple Sklerose und Krebs sowie bei rezeptfreien Mitteln, hieß es zu dem Zeitpunkt.

Hier setzt der Konzern jetzt an. Zur Boehringer-Sparte Consumer Healthcare gehören Mittel wie die Kopfschmerztabletten Thomapyrin, der Hustensaft Mucosolvan und das Bauchschmerzmittel Buscopan. Das China-Geschäft der Sparte will Boehringer behalten. Das Geschäft mit rezeptfreien und rezeptpflichtigen Mitteln sei in China eng miteinander verwoben, sagte Boehringer-Chef Barner. Wo die rezeptfreien Mittel für China am Ende produziert würden, sei noch nicht klar, aber das sei "eine unproblematische Frage".

Die Sparte mit rezeptfreien Mitteln, die an Sanofi gehen soll, bewerten beide Unternehmen mit 6,7 Milliarden Euro. 4,7 Milliarden Euro muss Boehringer noch draufpacken. Boehringer-Chef Barner zufolge müsste die vorhandene Liquidität "im Grunde ausreichen", um das Geschäft zu finanzieren. In der Bilanz für 2014 hatte Boehringer knapp 3,3 Milliarden Euro an flüssigen Mitteln ausgewiesen. Sanofi will mit einem Teil der 4,7 Milliarden Euro, die der Konzern von Boehringer erhalten soll, eigene Aktien zurückkaufen.

Sanofis Tiermedizinsparte wird in dem Geschäft mit 11,4 Milliarden Euro taxiert. Boehringer würde Unternehmensangaben zufolge durch die Übernahme zur Nummer zwei im weltweiten Geschäft mit Tiermedizinprodukten werden und könnte sogar die Weltspitze angreifen. Zusammen würden die beiden Bereiche 2015 rechnerisch einen Umsatz von 3,8 Milliarden Euro erzielen, hieß es in der Mitteilung.

In den ersten neun Monaten hatten sich auch der operative Gewinn und die operative Marge der Sparte verbessert, also der Teil des Umsatzes, der als Gewinn im laufenden Geschäft übrig blieb. Der Wert lag sogar etwas höher als im Gesamtkonzern.

Sanofi würde nach eigener Definition durch den Zuwachs bei rezeptfreien Mitteln in diesem Geschäft zum Weltmarktführer werden. Der Umsatz läge im laufenden Jahr rechnerisch bei 5,1 Milliarden Euro, der Marktanteil würde nahezu 4,6 Prozent betragen, teilte Sanofi mit.

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