Bakterien helfen dem Immunsystem im Kampf gegen Krebs auf die Sprünge

Starthilfe für die körpereigene Tumorabwehr

18.05.2015 - Deutschland

Bereits vor rund 150 Jahren beobachteten Mediziner einen positiven Einfluss von bakteriellen Infektionen auf Krebspatienten. Trotz vieler Fortschritte in den letzten Jahrzehnten blieb der große Durchbruch dieses Therapieansatzes noch aus. Ungeklärt war bislang, wie genau die Bakterien gegen den Tumor wirken und was die Rolle des Immunsystems in diesem komplexen Gefüge ist. Forschern am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig ist es jetzt gelungen, dies genauer zu beleuchten. Ihre Erkenntnisse veröffentlichen sie im International Journal of Cancer.

HZI/ Katrin Westphal

Nach einer Infektion können Bakterien (grün) in einen Tumor (blau) einwandern und bei seiner Bekämpfung helfen. Wichtiger sind aber die körpereigenen Immunzellen, die durch die Infektion gegen den Krebs aktiviert werden.

Eine Reihe Bakterien wurden in den letzten Jahren als Mittel gegen Krebsgeschwüre getestet. Ein Balanceakt, denn einige der vielversprechendsten Kandidaten sind selbst gefährliche Krankheitserreger. So haben beispielsweise Salmonellen zwar eine ausgeprägte Anti-Tumor-Aktivität, können aber auch zu Sepsis führen. „Bisher ist das perfekte Bakterium für die Behandlung von Krebs noch nicht gefunden“, sagt Dr. Christian Stern, ehemaliger Wissenschaftler in der Abteilung „Molekulare Immunologie“ am HZI und Erstautor der Studie. „Obwohl schon länger klar ist, dass nicht die Bakterien allein für die Tumorabstoßung verantwortlich sind, wurden die immunologischen Hintergründe der bakteriellen Tumor-Bekämpfung bisher noch nicht detailliert untersucht.“

Die Forscher interessierte in dieser Studie weniger, wie die Bakterien gegen den Tumor wirken, sondern wie das Immunsystem daran beteiligt ist. „Wir haben T-Zellen als entscheidenden und unerlässlichen Zelltyp für die Tumorbekämpfung in Mäusen identifiziert. Alle anderen in Frage kommenden Zellen des Immunsystems konnten wir weitgehend ausschließen.“ sagt Dr. Siegfried Weiß, Leiter der Abteilung „Molekulare Immunologie“. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Bakterien selbst eine viel geringere Rolle spielen, als bisher angenommen. Sie leisten lediglich Starthilfe für die körpereigene Abwehr: Die Infektion löst eine Immunreaktion aus, bei der der Botenstoff TNF-alpha freigesetzt wird. Dadurch werden im Tumor Blutgefäße zerstört und er stirbt teilweise ab. Außerdem werden gegen den Tumor gerichtete T-Zellen aktiviert, die bereits vor der Infektion vorhanden sind, sich aber in einem Ruhezustand befinden. Getrieben durch die Bakterien greifen diese gezielt den restlichen Tumor an und können ihn sogar komplett auflösen.

„Geheilte Mäuse entwickeln dadurch eine spezifische Immunität gegen die Tumorzellen. Kommt es also erneut zu der Entwicklung desselben Tumors wie zum Beispiel bei Metastasierung, sollten diese ebenfalls abgestoßen werden“, sagt Stern. Neben den zytotoxischen T-Zellen, deren Spezialgebiet das Abtöten von infizierten oder entarteten Zellen ist, waren auch die sogenannten T-Helferzellen allein in der Lage Tumore zu zerstören. Normalerweise haben diese Sorte T-Zellen nur eine Vermittlerrolle und greifen nicht aktiv derartige Zellen an.

„Wir konnten erstmals genauer zeigen, welchen Beitrag das Immunsystem in der Bakterien-vermittelten Tumortherapie leistet und dass sich ein wirkungsvolles immunologisches Gedächtnis ausbildet“, sagt Weiß. Das bessere Verständnis kann helfen, die Therapie zu verbessern und bringt die Forscher einen Schritt näher an ihr Ziel, diese eines Tages beim Menschen anwenden zu können.

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