Dem Eschen-Killer auf der Spur

Ein flüchtiges Lacton aus dem Falschen Weißen Stengelbecherchen inhibiert die Keimung von Eschensamen

24.03.2014 - Deutschland

Die Blätter welken, die Krone stirbt ab, die Rinde zeigt Wundmale, das Holz verfärbt sich – die Eschenwälder in ganz Europa sind akut gefährdet. Der Schuldige, ein asiatischer Pilz, ist unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Die Aufklärung des Infektionsweges, des Krankheitsverlaufs und der Ausbreitung des Pilzes ist notwendig, um geeignete Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Deutsche Wissenschaftler haben jetzt ein Stoffwechselprodukt des Killerpilzes identifiziert, das die Keimung von Eschensamen inhibiert. In der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten sie über mögliche Wirkmechanismen.

Das Falsche Weiße Stengelbecherchen (Hymenoscyphus pseudoalbidus) sieht zwar fast genauso aus wie sein harmloser Vetter, das Weiße Stengelbecherchen (H. albidus), aber er schädigt die Gemeine oder Europäische Esche, Fraxinus excelsior, schwer. Der Killerpilz aus Fernost hat sich im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte in Europa rasch von Ost nach West ausgebreitet und 2012 die britischen Inseln erreicht. Mit einem Rückgang ist derzeit nicht zu rechnen. Nur eine kleine Subpopulation der Europäischen Esche scheint gegen den Pilz resistent zu sein, es ist aber unklar, ob diese Subpopulation groß genug ist, um das Überleben der ökologisch und ökonomisch bedeutsamen Baumart, die in fast ganz Europa und Teilen Asiens rund um das Schwarze Meer beheimatet ist, zu sichern.

Das Team um Jeroen S. Dickschat von der Technischen Universität Braunschweig hat die flüchtigen und nichtflüchtigen Stoffwechselprodukte des Pilzes extrahiert und mit spektroskopischen Methoden untersucht. Bei den flüchtigen landeten die Forscher einen Treffer: das Lacton 3,4-Dimethylpentan-4-olid hemmt im Laborversuch die Keimung von Eschensamen und verursacht Nekrosen.

Erstaunlicherweise kommt die Verbindung aber auch im nichtpathogenen Pilz vor. „Pflanzeneigene Metaboliten könnten hier eine Rolle spielen, indem sie die Produktion des Lactons bei verschiedenen Pilzstämmen verschieden regulieren“, schlägt Dickschat vor. „Dies könnte zudem erklären, warum z.B. die Japanische Esche nicht krank wird und bestimmte Individuen der Europäischen Esche vergleichsweise resistent sind.“ Eine andere Erklärung sei die Interaktion des Lactons mit bestimmten Mikroorganismen, die in der Europäischen Esche vorkommen. „Durch einen solchen Mechanismus könnten Endophyten als Mediatoren zwischen der Pflanze und ihrem Pathogen fungieren“, erläutert Dickschat. „Ein vergleichbarer Mechanismus wurde bereits in einem anderen Fall gefunden: Lactone im Rauch brennender Pflanzen fördern die Keimung, dabei spielen möglicherweise auch Wechselwirkungen mit pflanzeneigenen Bakterien eine entscheidende Rolle.“

Die neuen Erkenntnisse sind wichtige Meilensteine für das Verständnis des Eschensterbens und möglicher Resistenzmechanismen bei den nicht betroffenen Eschenpopulationen. Dickschat: „Die Identifizierung des Lactons als Virulenzfaktor von H. pseudoalbidus wird hoffentlich den Weg für die Kontrolle eines Pathogens, das zur Zeit die gesamte Population der Esche in Europa bedroht, freimachen.“

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