B-Zellen verstärken Autoimmunerkrankungen

Antikörperlieferanten steuern über neu entdeckten Mechanismus die Immunantwort

06.03.2014 - Deutschland

Freiburger Wissenschaftler haben möglicherweise einen wichtigen Verstärker für Autoimmunerkrankungen entdeckt. Fehlt das Protein PTP1B in B-Immunzellen, verstärken die Zellen eintreffende Entzündungssignale übermäßig und können so einen Angriff gegen den eigenen Körper fördern. Die Studie bietet damit eine wichtige Erklärung, wie B-Zellen an der Steuerung einer Immunantwort beteiligt sind. Ihre Ergebnisse präsentieren die Forscher jetzt im Journal of Experimental Medicine.

D. Medgyesi/MPI-IE

Mäuse ohne das Protein PTP1B in den B-Zellen bilden einen Immun-komplex (rot) in der Niere. Die gleiche Entwicklung läuft auch bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ab. Blau: Zellkerne

Etwa 800.000 Menschen leiden in Deutschland an rheumatoider Arthritis. Bei der Erkrankung kommt es zu einer schubweisen Zerstörung von Gelenkgewebe durch das eigene Immunsystem. Noch immer ist unbekannt, welche Faktoren für die Krankheit ausschlaggebend sind. Nun haben Wissenschaftler um Michael Reth und David Medgyesi vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik einen Faktor identifiziert, der daran wesentlich beteiligt sein dürfte. Mit Hilfe eines gentechnischen Verfahrens schalteten sie in B-Zellen des Immunsystems von Mäusen das Protein PTP1B aus. Daraufhin reagierten die B-Zellen deutlich stärker auf aktivierende Signale anderer Immun-Zellen und aktivierten diese ihrerseits wieder.

PTP1B könnte also so etwas wie eine Wächterfunktion bei B-Zell-vermittelten Immunantwort haben. Bislang waren B-Zellen vor allem dafür bekannt, dass sie nach Kontakt mit Erregern Antikörper produzieren. Eine regulatorische Funktion der B Zellen im Immunsystem rückt immer mehr in den Fokus der aktuellen Forschung. Die Studie der Freiburger Forscher liefert hierzu einen neuen Mechanismus.

Bei einer klinischen Untersuchung zeigte sich, dass auch B-Zellen von Patienten mit rheumatoider Arthritis ungewöhnlich wenig von dem untersuchten Protein herstellen. In anderen Zelltypen der Patienten und in Gesunden war das nicht der Fall. „Das legt nahe, dass das Protein bei der Ausprägung oder Verstärkung von rheumatoider Arthritis entscheidend beteiligt ist“, sagt Studienleiter Michael Reth, Leiter der Abteilung Molekulare Immunologie am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik und Direktor des Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies der Universität Freiburg.

Patienten mit rheumatoider Arthritis, bei denen herkömmliche Therapien nicht wirken, können mit dem Medikament Rituximab behandelt werden. Dadurch werden alle B-Zellen im Körper zerstört und die Krankheit zumindest aufgehalten. „Die B-Zellen, die nach Rituximab-Therapie entstehen, besitzen das PTP1B-Protein in gleicher Menge wie die Zellen von Gesunden. Das dürfte zur verringerten Autoimmunreaktion führen“, erklärt Erstautor David Medgyesi. Ob die neu gebildeten Zellen im Laufe der Zeit das Protein wieder verlieren, müssen Langzeitstudien ergeben.

Das Labor um Michael Reth hatte bereits Ende der 90er Jahre Mäuse entwickelt, in deren B-Zellen beliebige Gene mit dem Cre/Lox-Verfahren ausgeschaltet werden können. Mittlerweile wird der Mausstamm sehr erfolgreich in über 200 Laboren auf der ganzen Welt eingesetzt, um die Funktion des Immunsystems zu erforschen.

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