Fünf neue Forschungsprojekte starten am BBZ

15.10.2012 - Deutschland

Gleich fünf Forschungsprojekte unter der Leitung von Nachwuchswissenschaftlern starten am Biotechnologisch-Biomedizinischen Zentrum (BBZ) der Universität Leipzig. Mit der Projektleitung soll jungen Nachwuchswissenschaftlern am BBZ möglichst früh die Erreichung einer wissenschaftlichen Selbstständigkeit ermöglicht werden. Die Forschungsschwerpunkte der jungen Wissenschaftler liegen im Bereich der Wirkstofffindung und -testung, der Analyse und Diagnostik neurodegenerativer und
zivilisationsbedingter Erkrankungen sowie der regenerativen Medizin. Mit insgesamt 1,5 Millionen Euro werden die Forschungsprojekte bis September 2014 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.

Zur Förderung ausgewählt wurden, aus insgesamt zehn eingereichten Anträgen, die Forschungsprojekte von Dr. Mareike Zink, Dr. John Heiker, Dr. Maria Fedorova, Dr. Bartholomeus Küttner und Dr. Ronny Schulz. Überzeugt werden musste ein Gremium von externen Gutachtern, neben der wissenschaftlichen Qualität und Innovationskraft waren verwertungsrelevante Ansätze der Forschungsvorhaben ein wichtiges Auswahlkriterium. "Die Förderung ist Teil des Forschungsprogrammes THERANOSTIK am BBZ und wird einen wertvollen Beitrag zur Umsetzung der mit dem Sächsischen
Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst abgeschlossenen Zielvereinbarung leisten", erklärt Prof. Andrea Robitzki, die Direktorin des BBZ.

Die einzelnen Forschungsprojekte:

Die Kenntnis der mechanischen Eigenschaften von Netzhautzellen ist wichtig für das Verständnis verschiedener Augenerkrankungen und für die Entwicklung neuer netzhautchirurgischer Verfahren. So weiß man heute, dass Erkrankungen des Auges, wie z.B. die Makuladegeneration, häufig mit Änderungen der Gewebeelastizität verbunden sind. Die Folge sind mechanische Verletzungen der Retina, welche bis zu Erblindung führen können. Anfang des Jahres hatte ein interdisziplinäres Forscherteam um Dr. Mareike Zink Methoden zur Langzeitkultivierung von adultem Gewebe entwickelt, welches eine Wirkstofftestung von Gewebestrukturen außerhalb des Körpers möglich macht. Aufbauend auf diese Methoden wird Dr. Zink nun die verschiedenen Schichten der Retina sowie die Wirkung von Arzneistoffen auf diese untersuchen: "Wir werden mechanische Heterogenitäten in den verschiedenen Schichten der Retina erforschen und untersuchen, welchen Einfluss Wirkstoffe, wie sie bei Makuladegeneration eingesetzt werden, auf die Gewebemechanik haben."

Übergewicht und Adipositas repräsentieren aufgrund der zahlreichen damit einhergehenden Stoffwechselerkrankungen eines der fünf Hauptgesundheitsrisiken in modernen Gesellschaften. Die Gruppe um Nachwuchswissenschaftler Dr. John Heiker widmet sich der Erforschung des Fettgewebsproteins Vaspin. Eine zentrale Fragestellung ist dabei, über welche molekularen Mechanismen und Signale das Protein den Glukose- und Lipidstoffwechsel im Körper reguliert. Die Antwort darauf würde helfen, Ursachen und Mechanismen von Adipositas und deren Begleiterkrankungen, wie z.B. Typ 2-Diabetes, weiter aufzuklären. "Mit unseren Erkenntnissen möchten wir zur Entwicklung neuer Diagnose- und Therapiestrategien beitragen. Projektziel ist die Ermittlung von direkt testbaren Faktoren, welche die Empfänglichkeit für Adipositas und Folgeerkrankungen beeinflussen", so der Leiter der Arbeitsgruppe.

Die Forschergruppe um Dr. Maria Fedorova möchte im Förderzeitraum eine neue Technologie etablieren, mit welcher Lipide - wasserunlösliche Naturstoffe wie z.B.
Fette - als Biomarker in Körperflüssigkeiten, Gewebe und Organen identifiziert werden können. Biomarker sind charakteristische biologische Merkmale, die gemessen werden und auf einen krankhaften Prozess im Körper hinweisen können. Dr. Fedorovas Messungen basieren auf modernen bioanalytischen Methoden wie der Flüssigchromatographie und der Massenspektrometrie. "In den nächsten zwei Jahren
möchten wir pathologische Grenzwerte für Biomarker von Krankheitsbildern wie Depression, chronischer Stress, Diabetes oder neurodegenerative Erkrankungen finden", beschreibt die Nachwuchswissenschaftlerin ihre Zukunftsvision. "Die Technologie verspricht große klinische Bedeutung, besonders bei der Analyse und Diagnostik von altersbedingten Leiden sowie sogenannten Zivilisationserkrankungen."

Ziel der Arbeitsgruppe um Dr. Bartholomeus Küttner ist es, Membranrezeptoren, insbesondere die der NPY-Rezeptoren aus der Klasse der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, für die Röntgenstrukturanalyse sowie weitere biophysikalische Untersuchungen zu präparieren und deren Raumstruktur zu bestimmen. Membranrezeptoren befinden sich an der Oberfläche der Zellmembran. Diese Proteine stellen ein Viertel aller Proteine lebender Zellen dar und sind verantwortlich für
Vernetzung und Informationsaustausch zwischen den Zellen, den Nährstofftransport sowie die Bereitstellung von Energie. Viele Medikamente wirken, weil sie die Wirkung von Rezeptoren verändern. So binden sich im Körper etwa die Hälfte aller derzeit zugelassenen Arzneimittel an die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Die Aufklärung der Struktur dieser Membranproteine ist eine Herausforderung für die pharmazeutisch-chemische Forschung und eine Chance zur Erzeugung neuer Arzneistoffe. "Die Strukturbestimmung von NPY-Rezeptoren ermöglicht die Entwicklung von Wirkstoffen beispielsweise gegen Epilepsie, Fettleibigkeit und Krebs", erklärt Dr. Küttner.

Die Wissenschaftler um Dr. Ronny Schulz arbeiten an einer Technologie, multipotente Stammzellen schonend und schnell zu gewinnen und anzureichern, um sie "Bed-side", also unmittelbar während eines chirurgischen Eingriffs, am Patienten einsetzen zu können. Dieser sofortige, intraoperative Einsatz ohne langwierige Kultivierung in einer speziellen Reinraumanlage, wie sie derzeit noch nötig ist, spare nicht nur Zeit und Kosten, sondern vermeide auch zusätzliche Komplikationen, erläutert Dr. Schulz. "Ein zweiter Operationstermin zur Implantation wird überflüssig und der Patient wird nicht zusätzlich belastet". Möglich werden soll dies mit Hilfe einer neuen Hochdurchsatz-Sortiertechnologie, bei der die adulten Stammzellen über einen speziellen Oberflächenrezeptor erkannt werden und mittels magnetischer Sortierung hochrein aus dem Gemisch der Zellen aufgereinigt werden. Diese hochpotenten Stammzellen können aus verschiedenen Geweben im Körper in ausreichender Zahl isoliert werden, wobei im Projekt vor allem jene aus dem Knochenmark und der Haut untersucht werden sollen. Als erstes klinisches Anwendungsbeispiel sollen diese Zellen zur Behandlung von irreparablen Schädigungen des Gelenkknorpels eingesetzt werden. Diese Verletzungen am Kniegelenk können bisher nur unbefriedigend, meist durch ein zweizeitiges invasives Verfahren am betroffenen Gelenk, therapiert werden. Ist dieses erste Pilotprojekt am Knorpelgewebe erfolgreich, könnte die Technologie ebenso für weitere klinische Indikationen wie der verzögerten Frakturheilung, der Osteonekrose oder zur Behebung parodontaler Defekte des Knochens angewandt werden.

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