BGH prüft Grenze zwischen Drittmittelförderung und Strafrecht

16.05.2002
Karlsruhe (dpa) - Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft in einem Grundsatzverfahren, wo die Grenze zwischen erwünschter Forschungsförderung durch Drittmittel und strafbarem Verhalten verläuft. In dem außergewöhnlichen Fall, über den der BGH am Mittwoch verhandelt hat, geht es um eine Geldstrafe in Höhe von 200 000 Mark (102 260 Euro) wegen Untreue und Vorteilsannahme gegen den angesehenen Herzchirurgen Siegfried Hagl. Der Mediziner, im Heidelberger Universitätsklinikum zuständig unter anderem für die Beschaffung von Herzschrittmachern und Herzklappen, hatte Anfang der 90er Jahre Bonuszahlungen eines Medizinprodukteherstellers in Höhe von 163 000 Mark (83 340 Euro) angenommen. Hagl hatte sich nicht persönlich bereichert, sondern diese Gelder ausschließlich für die Forschung eingesetzt. Der BGH verkündet sein Urteil am 23. Mai. Nach den Worten des Vorsitzenden des 1. Strafsenats, Gerhard Schäfer, unterscheidet sich der Fall wesentlich von den so genannten «Herzklappenskandalen». Die Zuwendungen der Firma hätten keinerlei Einfluss auf die Preise der Geräte gehabt, zudem seien die Bestellungen korrekt gewesen. Gleichwohl war Hagl vom Landgericht Heidelberg zu der Geldstrafe verurteilt worden, weil er die Gelder nicht wie vorgesehen an die Universität, sondern auf das Konto eines eigens von ihm gegründeten gemeinnützigen Fördervereins geleitet hatte. Der Universitätsprofessor machte am Mittwoch deutlich, dass er ohne Drittmittel seine Forschungsmöglichkeiten akut gefährdet sah. Die Drittmittelverwaltung der Universität sei damals sehr ineffizient gewesen, weshalb er den Verein - mit Kenntnis der Hochschule - gegründet habe. Das Land habe sich ihm gegenüber als «undankbar» erwiesen. «Ich habe dem Land nicht geschadet, ich habe dem Land genützt.» Sein Anliegen sei, die Drittmittelförderung zu retten. Das juristische Problem liegt darin, dass es einerseits zu den Dienstaufgaben eines Professors gehört, Drittmittel einzuwerben. Andererseits muss er solche Gelder entsprechend den universitären Vorschriften behandeln und darf vor allem keine Geldzahlungen als Gegenleistung für die Gerätebestellungen annehmen.

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